Oder aber: Wie wir dem Regen davonfuhren
Im Februar saßen wir zu fünft – oder waren es sechs? – an einem Wirtshaustisch in Purgstall und schmiedeten Pläne für unseren herbstlichen Motorradurlaub. Endlich sollte ich wieder mit einer größeren Gruppe starten, doch als der Abfahrtstermin näher rückte, waren wir plötzlich nur noch zu dritt – und am Abfahrtstag blieben letztlich nur Mario und ich übrig. Christian sollte am ersten Abend dazustoßen, da er mit seiner Freundin schon in Bosnien/Kroatien unterwegs war.
Von Banja Luka nach Gradiška
Unser Treffpunkt sollte Banja Luka sein, doch schon am späten Nachmittag erreichte uns die Nachricht, dass aus dem geplanten Gruppen-Treffen nichts wird. So machten Mario und ich uns direkt auf den Weg zur Grenze, wo wir uns ein Zimmer im Motel Taxi Bar in Gradiška sicherten. Das Hotel, ein gemütlicher Rückzugsort mit angenehmen Zimmern. Das Restaurant geschlossen gingen wir direkt an die Hotelbar. Dort trafen wir einen netten Norweger, der beruflich in Bosnien unterwegs war, und so wurde der erste Abend trotz der unerwarteten Einsamkeit kurzweilig.






Auf den Straßen der Dinarischen Alpen – Jajce und Sarajevo
Am nächsten Morgen starteten wir nach einer ordentlichen Tankfüllung in Richtung Süden. Unsere Route bestimmte der Wetterbericht: Regen stand an, und wir wollten möglichst trocken bleiben. Auf kurvenreichen, teils unbefestigten Straßen durch die Dinarischen Alpen erreichten wir Jajce.
Jajce fasziniert nicht nur durch seine spektakulären Wasserfälle, sondern auch durch seine reiche Geschichte. Einstmals Sitz bosnischer Fürsten, beeindruckt die Stadt heute mit einer mittelalterlichen Festung und einem malerischen Flusslauf, der die Geschichte lebendig werden lässt.
Weiter ging es nach Sarajevo – einer Stadt, die weit mehr ist als nur der Austragungsort der Olympischen Winterspiele von 1984.
Sarajevo ist ein lebendiges Mosaik aus osmanischer, österreichisch-ungarischer und moderner Kultur. Nachdem wir in einem charmanten Hotel eingecheckt hatten, erkundeten wir die verwinkelte Altstadt, wo enge Gassen, historische Basare und aromatische Gewürze den Geist vergangener Zeiten atmen. Beim Abendessen in einem traditionellen Lokal spürten wir den einzigartigen Mix aus Geschichte und Gegenwart, der diese Stadt so besonders macht.
Die Ersten Zwei Fahrtage waren lang – 550 km am Vortag und 410 km heute – wir erschöpft und gingen deshalb früh schlafen.









Montenegro: Durmitor, Taraschlucht und Kotor
Am nächsten Tag stand der Durmitor Nationalpark auf dem Programm. Wie gewohnt behielten wir das Regenradar im Auge. Wir verließen das schöne Bosnien und fuhren in Montenegro, wo wir auf spektakulären Straßen hinauf in den Durmitor fuhren.
Bei knapp 8 °C und leichtem Nieselregen ließen wir uns an einem kleinen Verkaufsstand im Park mit regionalem Speck und einem kräftigen Schnaps stärken – ideal weil die Temperatur sogar auf 4 °C sank.
Der Durmitor Nationalpark in Montenegro ist ein echtes Naturparadies, das mit seinen schroffen Gipfeln, kristallklaren Gletscherseen – wie dem berühmten Schwarzen See – und tiefen Schluchten beeindruckt. Dieser UNESCO-Biosphärenreservat bietet Wanderern, Motorradfahrern und Naturliebhabern atemberaubende Landschaften, die die rohe Schönheit der Balkanregion widerspiegeln.
Der Sedlo-Pass ist dabei ein absolutes Highlight. Die kurvenreiche Strecke windet sich über hohe Gebirgspässe und bietet spektakuläre Panoramablicke auf die umliegende, unberührte Natur. Für Motorradfahrer ist der Sedlo-Pass eine echte Herausforderung, denn die engen Kurven und steilen Anstiege vereinen Nervenkitzel mit der unvergleichlichen Schönheit dieser alpinen Landschaft.
Von Zabljak machten wir uns in Richtung Taraschlucht auf. Bei der berühmten Brücke legten wir einen Zwischenstopp ein, um etwas zu essen. Ich konnte mir noch schnell ein kleines Souvenir sichern, bevor wir aufbrachen, um nach Albanien zu gelangen. Doch direkt am Eingang der Taraschlucht zeigte ein Hinweisschild mit Fahrverbot, dass wir hier nicht weiterkommen würden. Wir ignorierten die Warnung – und nach 30 Minuten stellten wir fest, dass die Straße komplett gesperrt war, sogar ein Radlader sorgte dafür, dass niemand in den Baustellenbereich fuhr. Mario erkundete neugierig zu Fuß die Baustelle, während ich verzweifelt über GoogleMaps nach einem Umweg suchte. Letztlich entschieden wir, dass Albanien heuer nichts wird, und fuhren zurück nach Zabljak, um uns Richtung Meer aufzuschwingen.
Nach etwa 400 km erreichten wir am Abend die Bucht von Kotor. Hier bezogen wir in einem kleinen, aber feinen Hotel ein Zimmer. Gerade als wir unser Gepäck abstellten, brach ein heftiges Gewitter los und überflutete die Straßen – zum Glück bot das Restaurant im Erdgeschoss des Hotels Schutz. Nach einem deftigen Steak und Rotwein ließen wir den Abend auf der Dachterrasse mit ein paar Flaschen Bier und stimmungsvoller Musik ausklingen.















Lovćen und Mostar – Kultur, Natur und Geschichte
Beim Frühstück regnete es noch, doch ab 10:00 Uhr zeigte der Regenradar endlich trockene Fahrbedingungen an. So fuhren wir die beeindruckende Straße hinauf in den Lovćen Nationalpark, der mit seinen atemberaubenden Aussichten und der Naturpracht beeindruckt. Aber davor besuchten wir noch die historische Stadt Kotor. Kotor ist eine historische Küstenstadt in Montenegro, deren malerische Altstadt mit engen Gassen, mittelalterlichen Mauern und beeindruckenden Kirchen den Charme vergangener Zeiten ausstrahlt. Die atemberaubende Bucht von Kotor, umrahmt von schroffen Bergen, verleiht der Stadt eine einzigartige Kulisse und macht sie zu einem wahren Juwel an der Adria.
Nach unserem Abstecher in den Lovćen-Nationalpark ging es weiter Richtung Budva, wo wir in der Nähe ein riesiges Restaurant entdeckten – das Carević Resort Hotel & Restaurant. Das weitläufige Anwesen, bekannt für seine rustikale Atmosphäre, bietet nicht nur authentische montenegrinische Küche, sondern auch hausgemachte Spezialitäten vom Grill, serviert mit Blick auf die umliegenden Weinberge. Bei deftiger, typisch montenegrinischer Hausmannskost ließen wir es uns gutgehen, bevor wir langsam den Kurs Richtung Heimat einschlugen.
Noch einmal fuhren wir durch die beeindruckende Bucht von Kotor und setzten mit der Fähre über. Ab dort folgten wir der legendären Jadranska Magistrale, einer der schönsten Küstenstraßen Europas. Die „Adria-Magistrale“ schlängelt sich spektakulär entlang der dalmatinischen Küste, bietet unvergessliche Ausblicke auf das tiefblaue Meer und verbindet zahlreiche charmante Städte und Dörfer – ein echtes Highlight für Motorradfahrer.
Die Anstrengungen der letzten Tage machten sich langsam bemerkbar, und so legten wir kurz vor Dubrovnik einen Zwischenstopp ein. In einer kleinen, gemütlichen Pension fanden wir ein Quartier, und im nahegelegenen Restaurant ließen wir den Tag bei einem entspannten Abendessen ausklingen – heute gönnten wir uns wieder einmal eine frühe Nachtruhe.
Unsere nächste Etappe führte uns nach Mostar – dem pulsierenden Herz Bosniens. Mostar, berühmt für die alte Brücke, den Stari Most, der majestätisch über den smaragdgrünen Fluss Neretva spannt, ist ein Symbol für die Verbindung der Kulturen. Die Stadt hat in den 1990er Jahren während des Bosnienkriegs schwere Narben davongetragen, doch der Wiederaufbau des Stari Most steht heute als kraftvolles Zeichen der Versöhnung und des Neuanfangs. Wir stellten unsere Motorräder in einem bewachten Innenhof ab (für nur 5 €) und spazierten gemütlich durch die malerischen Gassen, in denen sich Geschichte und Alltag faszinierend vermischen. Beim Mittagessen genossen wir den atemberaubenden Blick auf die ikonische Brücke, während uns die Erzählungen über die bewegende Geschichte der Stadt – geprägt von Krieg, Wiederaufbau und kultureller Vielfalt – in ihren Bann zogen. Besonders beeindruckend ist auch die Tradition der Brückenspringer, bei der mutige Einheimische von der Stari Most ins klare Wasser des Neretva-Flusses springen – ein lebendiger Beweis für den unerschütterlichen Lebensmut und den kulturellen Zusammenhalt Mostars.
Rückfahrt über Kroatien: Drvenik, Trogir, Sibenik und Vodice
Am Nachmittag führte uns unsere Route durch das idyllische bosnische Hinterland zurück nach Kroatien. In Drvenik trafen wir schließlich auf Christian, und wir verbrachten einen gemeinsamen Abend, der den Zusammenhalt unserer kleinen Gruppe zeigte, aber auch erkennen lies, dass Männerurlaube wichtig und gut sind.










Am nächsten Tag, nach einer langen Wartezeit auf ein Frühstück im Lokal des Vorabends, setzten wir unsere Fahrt fort. Wir fuhren vorbei an der berühmten Makarska Riviera, durch das pulsierende Hinterland und an den historischen Städten Split, Trogir und Sibenik vorbei.
- Trogir beeindruckt als eine der am besten erhaltenen mittelalterlichen Städte Kroatiens – enge Gassen, antike Bauten und eine einzigartige Atmosphäre, die Geschichte und Gegenwart verschmelzen lässt.
- Sibenik besticht durch seine imposante Kathedrale und eine lange, von der römischen Zeit geprägte Geschichte.
Schließlich erreichten wir Vodice, ein authentisches dalmatinisches Städtchen, in dem an diesem besonderen Feiertag an die Belagerung während des Jugoslawienkriegs – den sogenannten „September-Krieg“ – erinnert wurde. Traditionelle Paraden, Musik und Gedenkreden ließen uns die bewegte Vergangenheit spüren. Der Zusammenhalt und die Emotionen der Einheimischen waren beeindruckend










Am Dienstagmorgen fehlte uns in der Unterkunft das Frühstück, also machten wir unterwegs eine Kaffeepause. Wir durchquerten das kroatische Hinterland, doch trotz langem Suchen fanden wir kein ansprechendes Lokal für die Mittagspause – und das trübe Wetter wurde auch nicht besser. Im Gegenteil. Schließlich beschlossen wir, direkt auf dem Weg nach Hause zu fahren. So überraschten wir am Abend, nach knapp 800 km, unsere Frauen, die erst für Donnerstag oder Freitag mit uns gerechnet hatten.






Unsere Motorradreise führte uns von den historischen Städten Bosniens über die beeindruckenden Landschaften Montenegros – mit den majestätischen Nationalparks Durmitor und Lovćen sowie der faszinierenden Bucht von Kotor – bis hin in das kulturelle Herz Bosniens in Mostar. Jeder Tag bot uns einzigartige Naturwunder und tiefgreifende Einblicke in die bewegte Geschichte der Region:
- Jajce beeindruckte mit seinen Wasserfällen und seiner mittelalterlichen Festung.
- Sarajevo offenbarte den reichen kulturellen Mix, der die Stadt zu einem lebendigen Geschichtsbuch machte.
- Montenegro verzauberte uns mit atemberaubenden Bergstraßen und der dramatischen Schönheit der Taraschlucht.
- Kotor und Lovćen kombinierten Natur und Geschichte auf spektakuläre Weise.
- Mostar mit dem Stari Most erinnerte uns eindrucksvoll an die kulturelle Vielfalt und die bewegte Vergangenheit Bosniens.
- In Vodice erlebten wir an einem Feiertag die Gedenkveranstaltungen zum „September-Krieg“, die den unerschütterlichen Gemeinschaftsgeist der Einheimischen widerspiegelten.
Diese Reise war mehr als nur ein Abenteuer auf zwei Rädern – sie war eine emotionale Entdeckungstour durch die facettenreiche Geschichte des ehemaligen Jugoslawien, bei der jede Region ihren eigenen, unvergesslichen Eindruck hinterließ.